Die Wunderblutkirche St. Nikolai von Bad Wilsnack bestimmt das Stadtbild. Der monumentale Backsteinbau ist für das heutige Bad Wilsnack eigentlich zu überdimensioniert. Pfarrerin Anna Trapp bezeichnet die Kirche deshalb auch als eine Art Kölner Dom mitten in Brandenburg. Die Kirche ist untrennbar mit der mittelalterlichen Wunderblutlegende aus dem Jahr 1383 verbunden. Damals war die kleine Dorfkirche einem Raubritter zum Opfer gefallen. In den Trümmern wurden drei blutrote Hostien gefunden – die Bluttropfen Christi. Bad Wilsnack wurde daraufhin zu einem bedeutenden Wallfahrtsort, die Kirche in ihren heutigen Dimensionen errichtet. Bis zu 100.000 Pilger aus ganz Nord- und Osteuropa kamen jährlich in die Stadt. Im Zuge der Reformation wurden die Bluthostien allerdings verbrannt, der Pilgerstrom riss ab. Seit fünf Jahren wird die Wunderblutkirche umfangreich mit Fördermitteln saniert.

Schwimmen wie im Toten Meer – das ist in der Kristall-Therme Bad Wilsnack möglich. Ein Höhepunkt ist der Salzsee mit 24 Prozent Solegehalt, in dem man ganz entspannt auf dem Wasser schweben kann. Daneben laden mehrere Saunen und Schwimmbecken zu einem Ausflug ein. Die Kristall-Therme wurde im Jahr 2.000 eröffnet, nachdem die Bad Wilsnacker lange dafür gekämpft hatten. Denn es wurde befürchtet, dass Einzugsgebiet zu klein sein. Die Befürchtung hat sich aber nicht bewahrheitet: heute kommen jährlich bis zu 400.000 Besucher in die Therme.

Wer Bad Wilsnacks Stadtgeschichte im Schnelldurchlauf erleben will, ist am Bahnhof richtig. Die Fassade erzählt von der wechselhaften Geschichte der Kleinstadt mit dem Blutwunder, den Folgen der Reformation, der wichtigen Anbindung an die Bahnstrecke Berlin-Hamburg sowie der Bedeutung Bad Wilsnacks als Kurort. Ein Maler hatte die Fassade im Zuge des Thermenbaus gestaltet, damit der damals leerstehende Bahnhof zu einem Aushängeschild der Stadt wird. Vor fünf Jahren ist Leben in das Bahnhofsgebäude zurückgekehrt: mit einem Bistro, Ferienwohnungen und der neuen Tourismusinformation. Erreichbar ist Bad Wilsnack mit dem Regionalexpress 2.

Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts blühte Bad Wilsnack als Kurort auf, nachdem Stadtförster Gustav Zimmermann Moorproben in einer Fischdose nach Berlin schickte. Bei den Untersuchungen wurde ein hoher Gehalt an Eisenoxiden und Huminsäuren festgestellt – die Moorerde also für medizinische Heilzwecke geeignet. 1907 wurde die Moorbadeanstalt eröffnet, in der rheumatische Leiden behandelt wurden. 1929 erhielt die Stadt schließlich offiziell den Titel „Bad“. Nach der Wende verhinderte ein Ärzteehepaar die Abwicklung des Bades, die Kurklinik Bad Wilsnack wurde gegründet. Seitdem ist sie fester Bestandteil der deutschen Kurlandschaft. Auch heute werden Moorbäder im Kurmittelhaus der Klinik angeboten. Das verwendete Moor kommt aus dem Luch bei Dannenwalde.

Das Pilgern nach Bad Wilsnack ist eine Jahrhunderte alte Tradition. In den vergangenen zwei Jahrzehnten gewann das Pilgern aber wieder an Bedeutung. 2006 wurde deshalb der Pilgerweg zwischen Berlin und Bad Wilsnack wiedereröffnet. Der Weg meidet verkehrsreiche Straßen und führt durch die Natur des Brandenburger Nordwestens. Jährlich sind rund 1.000 Pilger auf dem 119 Kilometer langen Weg unterwegs. Für die komplette Strecke sollten gut sechs bis sieben Tage eingeplant werden. Entlang der Strecke bieten die Pfarrgemeinden und lokale Anbieter Übernachtungsmöglichkeiten.

Bad Wilsnack begeistert seine Besucher mit seiner historischen Innenstadt und den liebevoll sanierten Fachwerkhäusern, die von der Vergangenheit als Ackerbürgerstadt berichten. Das älteste Haus der Stadt – erbaut 1692 - befindet sich gegenüber dem neuen Rathaus und beherbergt heute eine Bank. In der Lindenstraße befindet sich außer dem das Geburtshaus von Wilhelm Harnisch, einem bedeutenden Pädagogen des 19. Jahrhunderts. Er gilt als „Vater der Heimatkunde“.

Nordsee-Feeling in der Prignitz – das bietet Brandenburgs erstes Gradierwerk in Bad Wilsnack. Über speziellen Edelreisig verdampft jodhaltige Sole. Dabei werden Mineralien freigesetzt, die über die Luft oder Haut aufgenommen werden und sich positiv auf Bronchial- und Atemwegserkrankungen auswirken können. Das 50 Meter lange und 7,50 Meter hohe Gradierwerk ist frei zugänglich und befindet sich am Gelände der Kristall-Therme.

Gottfried Hansen wird auch gerne als Bad Wilsnacks Münchhausen bezeichnet. Der einstige Bahnhofsvorsteher soll auf ein bewegtes Leben zurückgeblickt haben: er war im spanischen und amerikanischen Bürgerkrieg, ist Träger von Orden aus der ganzen Welt. 1840 kehrte er nach Bad Wilsnack zurück, arbeitete beim Bau der Bahnlinie Berlin-Hamburg mit und war Bad Wilsnacks erster Bahnvorsteher. „Vieles ist eher zweifelhaft, was aber definitiv stimmt, dass er am Bau mitgewirkt hat und auch Bahnhofsvorsteher sagt“, sagt Torsten Engelbrecht von der Bad Wilsnacker Tourismusinformation.

Das Singen liegt den Bad Wilsnacker Männern im Blut: in der Stadt gibt es den ältesten Männergesangsverein der Prignitz. Der „Männergesangverein Amicitia 1880 e.V.“ wurde von neun Handwerkern gegründet wegen der Lust am Singen. Auch heute ist der Verein noch aktiv. 30 aktive Sänger gibt es, der jüngste ist 40, der älteste 86. Gesungen wird altdeutsche Volksmusik, aber auch moderne Lieder. Aber: ganz ohne Frauen geht es dann doch nicht. Dirigentin Andrea van Bezouwen muss die Männer und ihre Stimmen bändigen. Der Chor probt immer Dienstagabend im Vereins-Café Quitzow.

Fit bis ins hohe Alter ist der Radfahrclub „Krumme Speiche“. Seit 18 Jahren macht sich immer Dienstagmittag die zwölf Mann starke Truppe auf den Weg zu Fahrradtouren durch die Prignitz. Gut 30 bis 40 Kilometer werden am Tag zurückgelegt, im Jahr kommen so bis zu 1.500 Kilometer zusammen. Das Ziel ist dabei immer klar vor Augen: ein netter Ort, wo Kaffee und Kuchen auf die Radler warten. Deshalb geht es oft nach Hinzdorf, Perleberg oder Havelberg.