Die Gemeinde Temnitzquell ist noch relativ jung. 1997 schlossen sich die bis dahin eigenständigen Gemeinden Katerbow, Netzeband und Rägelin zusammen. Heute leben insgesamt rund 830 Einwohner in den drei Ortsteilen. Temnitzquell liegt gut 15 Kilometer nordwestlich von Neuruppin und ist per Bahn mit dem sogenannten Prignitz-Express, dem RE6 zu erreichen.

Der Temnitzqueller Gemeindeteil Pfalzheim gilt als das Tor zur Kyritz-Ruppiner Heide – eine der größten zusammenhängenden Heidelandschaften Deutschlands. Nahe Pfalzheim gibt es für die Besucher einen Parkplatz, von dort geht es einen gut zwei Kilometer langen Waldweg zum sogenannten Sielmann-Hügel mit seinem hölzernen Aussichtsturm. Aus 15 Meter Höhe gibt es einen wunderbaren Blick über die Kyritz-Ruppiner Heide, die viele Jahrzehnte als Truppenübungsplatz genutzt wurde. Immer im August gibt es ein besonderes Schauspiel – die Blüte der Erika. Die Heide erstrahlt dann in einem satten violett. Besucher können die Heide auf aufgewiesenen Wegen erkunden – zu Fuß, per Fahrrad oder mit einer Kremserfahrt.

In der Gemeinde Temnitzquell ist Netzeband wohl der Ortsteil mit der größten Strahlkraft. Vor allem bei Kunst- und Theaterbegeisterten, schließlich findet hier jeden Sommer der Theatersommer statt. Im wunderschönen Gutspark spielen die Darsteller, darunter auch Einwohner, mit übergroßen Masken. Die Texte kommen „vom Band“ – aufgesprochen von Profi-Schauspielern. Besonders der Familie Wagenfeld ist die außerordentliche Entwicklung des Ortes zu verdanken. Landschaftsarchitekt Horst Wagenfeld und seine Frau Johanna setzten sich nach der Wende mit viel Engagement für das Dorf ein und ließen es Stück für Stück sanieren. Allerdings waren die Träume zu groß, im Jahr 2000 platze der Traum – der Landwirtschaftsbetrieb, der Hofladen und auch das aufgebaute Hotel mussten damals schließen. Heute leben in Netzeband unzählige Künstler und Kreative, die Netzeband zum Künstlerdorf machen, auch das Hotel ist wieder ein Domizil vieler Besucher.

In der Gemeinde Temnitzquell liegt auch der Mittelpunkt des Landkreises Ostprignitz-Ruppin. Landschaftsarchitekt Horst Wagenfeld ließ die Region anlässlich der Weltausstellung Expo 2000 vermessen und ermittelte den Mittelpunkt des Landkreises. Er liegt mitten auf einem Feld zwischen den Ortsteilen Katerbow und Netzeband, wo eine riesige Fahnenstange den Ort markiert. In nächster Zeit soll dort auch wieder ein Segel angebracht werden, das stolz zeigt: hier liegt der Mittelpunkt von OPR.

Südlich von Katerbow liegt der Katerbower See. Er ist gut zwei Kilometer lang und gut drei Meter tief. Der See ist ein Ausläufer der Mecklenburgischen Seenplatte und einer Sage nach, habe ein in Netzeband lebender Riese sich dort Sand geholt und damit den See entstehen lassen. Vor allem für Angler ist der Katerbower See ein Paradies. Er ist klar und krautreich und damit optimal für den Fischbestand. Auch viele Vogelarten nutzen den Schilfgürtel als Brutplatz.

Darsikow ist wohl der kleinste Ort in der Gemeinde Temnitzquell. Gerade einmal eine Handvoll Menschen lebt hier und nur wer eine gute Karte hat findet das Dörfchen. Das Dorf hat wenige Häuser, eine Kapelle und ein Gutshaus. Dort lebt und arbeitet seit kurzem Louise Kenn. Die junge Berlinerin ist die erste „Temnitzschreiberin“. Hier auf dem Land will sie Ideen für ihre Arbeit als Schriftstellerin sammeln, Region und Menschen kennenlernen. Dafür spendiert ihr das Amt Temnitz ein Stipendium und den kostenlosen Aufenthalt im Gutshaus. Außerdem gibt es im Dorf die kleine Waldkirche, ein Feldsteinbau, der 1832 errichtet wurde. In den 70er-Jahren fand in der Kirche der letzte Gottesdienst statt, die Kirche wurde lange nicht genutzt. Seit einigen Jahren bringt ein Förderverein neues Leben in die Kirche.

Die Kyritz-Ruppiner Heide wurde viele Jahrzehnte lang von der Roten Armee als Truppenübungsplatz genutzt. Für die Anwohner auch in der Gemeinde Temnitzquell hieß das: Truppenbewegungen, Kampfjets im Tiefflug und Bombenabwürfe. Nach dem Abzug der Truppen wollte die Bundeswehr die Heide weiter als Bombodrom weiternutzen. Doch dagegen regte sich aus vielen Orten der Widerstand mit über 100 Protestwanderungen, Gerichtsprozessen und politischen Initiativen. 2009 verkündete schließlich der damalige Bundesverteidigungsminister Jung das Aus der Heide – der Erfolg der Initiativen „Freie Heide“.

Das kleine Dorf Pfalzheim wurde von sogenannten Pfälzerfamilien gegründet, die nach dem Zweiten Schlesischen Krieg umgesiedelt wurden. Die Familien aus der Rheinpfalz gaben dem Ort auch seinen Namen. Doch die Familien haten aufgrund des sandigen Bodens Probleme, ließ er sich doch kaum ertragreich bewirtschaften. Einige Familien wanderten ab, andere blieben dem Ort treu und kämpften sich durch. So wurde in Pfalzheim im 19. Jahrhundert auch Holzkohle hergestellt – „das schwarze Gold“. Im nahegelegenen Wald wurden dazu sogenannte Holzkohlemeiler errichtet, in denen die Holzkohle hergestellt wurde. Mit dem Beginn des Steinkohleabbaus verschwand aber auch die Holzkohlerzeugung in Pfalzheim – 1950 erlosch hier der letzte Meiler.

Die Gemeinde Temnitzquell hat ihren Namen vom kleinen Flüsschen, der nahe der Ortschaft Pfalzheim entspringt und sich durch die Gemeinde und das gesamte Amt Temnitz zieht. Der Fluss ist gut 40 Kilometer lang und mündet in den Rhinkanal bei Zootzen, an der Kreisgrenze zum Havelland. Durch die gute Wasserqualität ist die Temnitz Lebensraum für vom Aussterben bedrohte Arten wie die kleine Flussmuschel oder den Bitterling. Auch Fischotter, Biber oder das große Mausohr sind hier zu finden.

Der Dorfkern des Ortsteiles Rägelin ist ein klassiches Runddorf. Viele alte, aber sanierte Bauernhäuser und Höfe stehen hier und laden zum Spaziergang ein. Im Zentrum steht die historische Kirche, die von alten Linden umgeben ist. Die heutige Fachwerkkirche wurde 1697 errichtet und ist ein echter Hingucker – auch im Inneren. So gibt es in der Kirche die Hollenbachorgel aus dem Jahr 1882. Sie ist wohl die kleinste, die Hollenbach gebaut hat.